Pflegezeiten: So lassen sich Pflege und Beruf besser vereinbaren
Pflege und Unterstützung zu leisten, kostet Zeit. Das kann vor allem für Berufstätige zum Problem werden. Viele Pflegende entscheiden sich deshalb, für eine Weile im Job kürzerzutreten. Die staatlichen Pflegezeiten können helfen, die Auswirkungen abzupuffern, denn sie bieten ein Recht auf Auszeit oder Teilzeit, verbesserten Kündigungsschutz, die Möglichkeit eines zinslosen Darlehens und später ein Rückkehrrecht auf die frühere Stundenzahl.
Viele Pflegende sind berufstätig. (H1)
Viele Pflegende sind Frauen. (H2)
Nicht wenige haben außerdem noch eigene Kinder zu versorgen.(H3)
Das Wichtigste in Kürze (H4)
- Es gibt vier Varianten an Pflegezeiten, die dabei helfen können, Pflege und Beruf besser miteinander zu vereinbaren.
- Die kurzzeitige Arbeitsverhinderung ermöglicht kurzfristig eine Auszeit von bis zu zehn Tagen, um die Versorgung eines nahen Angehörigen zu organisieren.
- In der Pflegezeit können Sie sich bis zu sechs Monate lang ganz oder teilweise von der Arbeit freistellen lassen, um einen nahen Angehörigen (mit) zu versorgen.
- Die Familienpflegezeit bietet die Option auf bis zu zwei Jahre Teilzeitarbeit, wenn Sie einen nahen Angehörigen (mit)pflegen.
- Wenn das Lebensende eines nahen Angehörigen absehbar ist, können Sie bis zu drei Monate im Job kürzertreten, um möglichst viel der letzten Zeit gemeinsam zu erleben.
- Alle Pflegezeiten können miteinander kombiniert werden, dürfen aber insgesamt maximal 24 Monate andauern.
- Jede Pflegezeit muss mit eigener Frist angekündigt werden und bietet dann besonderen Arbeitsschutz und eine Option auf finanziellen Ausgleich.
Viele Pflegende sind Frauen.
Viele Pflegende sind berufstätig.
Nicht wenige haben außerdem noch eigene Kinder zu versorgen.
Es braucht nicht viel Fantasie, um zu erkennen: Die Kombination aus Job, Pflege und Care-Arbeit kann in kürzester Zeit zu einer enormen Belastung werden. Und ganz nebenbei existieren ja vielleicht auch noch eigene Wünsche für das Leben, die entscheidend sind fürs Wohlbefinden, wie Freundschaften, Sport, Hobbys oder einfach mal ein bisschen Ruhe.
Der Gesetzgeber hat dieses Problem wahrgenommen und die Pflegezeiten eingeführt. Leider bieten diese keine gleichwertigen Möglichkeiten mit finanziellem Ausgleich wie die Elternzeit. Aber sie erschaffen ein Anrecht auf Aus- oder Teilzeit unter bestimmten Bedingungen, bieten in dieser Zeit verbesserten Kündigungsschutz und anschließend ein Rückkehrrecht auf die gleiche Stundenzahl.
Sie können alle Pflegezeiten miteinander kombinieren, solange diese insgesamt maximal 24 Monate umfassen. Manche müssen unmittelbar aufeinander folgen. Beachten Sie dafür unbedingt die nötigen Ankündigungsfristen! Folgende Optionen haben Sie, um einen nahen Angehörigen zu versorgen.
Gut zu wissen: Wer als „naher Angehöriger“ zählt, ist gesetzlich definiert und umfasst Eltern, Stief- und Schwiegereltern, Großeltern, Partner (ob verheiratet oder nicht), Geschwister, Schwägerinnen und Schwager, Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder (auch des Partners) sowie Enkelkinder. Diese Liste ist vollständig. Onkel und Tanten zählen zum Beispiel im rechtlichen Sinne nicht als nahe Verwandte, obwohl sie dem ein oder der anderen vielleicht näherstehen als die Schwägerin.
Kurzzeitige Arbeitsverhinderung
Wer sich zum ersten Mal mit dem Thema Pflege beschäftigt, steht vor einem hohen Berg an Informationen, die erstmal gesichtet und verstanden werden wollen. Damit dafür neben einer Berufstätigkeit überhaupt Zeit ist, gibt es das Recht auf kurzzeitige Arbeitsverhinderung. Sie können die Zeit der Arbeitsverhinderung auch nutzen, um sich über Pflegezeiten zu informieren und diese fristgerecht anzukündigen. Oder – wenn sich ein Pflegebedarf plötzlich und deutlich verschlechtert – um den Pflege-Alltag an die neuen Umstände anzupassen.
Eckdaten: Kurzzeitige Arbeitsverhinderung
- Art: Vollständige Auszeit
- Ankündigung: Von heute auf morgen
- Gesetzliches Anrecht: Alle Arbeitnehmer
- Finanzielles: Normales Gehalt oder Pflegeunterstützungsgeld
- Besonderheit: Kann zwischen mehreren Personen aufgeteilt werden.
Details: Kurzzeitige Arbeitsverhinderung
Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer kann kurzfristig, also von heute auf morgen, eine Auszeit beim Arbeitgeber einreichen, um die Pflege eines nahen Angehörigen zu koordinieren. Dafür stehen pro pflegebedürftiger Person insgesamt zehn Tage zur Verfügung. Diese zehn Tage kann entweder eine Person bei ihrem Arbeitgeber einreichen, wenn diese allein die Pflege organisieren will oder wenn zum Beispiel nur noch eine Tochter berufstätig ist und sie mit ihrem bereits pensionierten Bruder zusammen die notwendige Unterstützung organisieren möchte. Alternativ können die zehn Tage auch aufgeteilt werden, zum Beispiel unter zwei oder drei Geschwistern. Die Aufteilung ist frei möglich, solange am Ende insgesamt nicht mehr als zehn Tage verbraucht werden.
Gut zu wissen: Der Arbeitgeber darf die kurzzeitige Arbeitsverhinderung nicht verweigern. Die einzige Ausnahme sind dringende, betriebliche Gründe. Diese gibt es aber nur sehr selten.
Antrag stellen: Kurzzeitige Arbeitsverhinderung
Wenn Sie jetzt direkt einen Antrag auf kurzzeitige Arbeitsverhinderung stellen wollen, können Sie das hier in der App tun. Springen Sie dazu einfach zum Ende des Artikels.
Pflegeunterstützungsgeld
Während der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung erhalten Sie nur dann weiterhin Ihr normales Gehalt, wenn es eine entsprechende Betriebsvereinbarung gibt. Oft ist das nicht der Fall – dann lässt sich das sogenannte Pflegeunterstützungsgeld beantragen. Der Lohnersatz beträgt zwischen 90 und 100 Prozent Ihres ausgefallenen Nettogehalts.
Den Antrag muss die Person bei ihrer Pflegeversicherung stellen, für die Sie die Pflege organisieren. Das sollte möglichst früh während der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung geschehen. Der Antrag muss
- eine Formulierung enthalten wie: „Die Freistellung ist erforderlich, um im aktuellen Akut-Fall die bedarfsgerechte Pflege und Betreuung zu organisieren / die pflegerische Versorgung sicherzustellen“,
- Angaben zur pflegebedürftigen Person machen,
- die genauen Tage der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung auflisten sowie
- Informationen zu Ihren Kontodaten enthalten.
Außerdem sollten Sie einen Lohnnachweis mitschicken. Teils ist auch eine ärztliche Bescheinigung über den neu aufgetretenen oder plötzlich deutlich höheren Pflegebedarf Ihres nahen Angehörigen erforderlich. Diese Bescheinigung können Sie aber nach Aufforderung auch nachreichen.
Es dauert meist nur kurze Zeit, bis die zuständige Pflegeversicherung den Bescheid über das Pflegeunterstützungsgeld schickt. Diesen müssen Sie dann zügig an Ihren Arbeitgeber weiterreichen. Das Geld erhalten Sie zeitnah aufs Konto überwiesen. Die nötigen Beiträge für Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung führt die Versicherung automatisch ab.
Gut zu wissen: Das Pflegeunterstützungsgeld darf maximal so hoch sein wie das Höchstkrankengeld. Es wird jedes Jahr neu festgelegt und beträgt aktuell 128,63 Euro (Stand: 2025).
Normale Pflegezeit
Mit der Pflegezeit können Sie sich bis zu sechs Monate ganz oder teilweise von der Arbeit freistellen lassen, wenn Sie einen nahen Angehörigen pflegerisch (mit)versorgen. Entscheidend dafür ist, dass die pflegebedürftige Person in einem privaten Zuhause lebt und ambulante Pflegeleistungen erhält. Ihr Angehöriger darf also nicht in einem Pflegeheim wohnen.
Eckdaten: Pflegezeit
- Dauer: maximal 6 Monate
- Art: Teilzeit oder Auszeit
- Ankündigung: 10 Tage vorher
- Gesetzliches Anrecht: Arbeitnehmer in Firmen mit mindestens 16 Angestellten
- Zweck: Pflegerische (Mit)Versorgung zuhause
- Finanzielles: Gehalt für geleistete Arbeitszeit; zinsloses Darlehen möglich
- Besonderheit: Bei Verdienst unterhalb der Minijob-Grenze ist eine eigenständige Kranken- und Pflegeversicherung nötig.
Details: Pflegezeit
Sie müssen sich vor Beginn der Pflegezeit entscheiden, wie lange und in welcher Form Sie diese nutzen wollen, also ob Sie eine komplette Auszeit oder eine Reduzierung auf eine Teilzeitstelle wünschen. Was möglich ist, hängt auch immer ein bisschen vom Betrieb ab. Idealerweise sprechen Sie sich mit Vorgesetzten und Kollegen ab, bevor Sie einen Antrag auf Pflegezeit stellen. Darin müssen Sie nämlich bereits die Details angeben.
Gut zu wissen: Änderungen im Verlauf der Pflegezeit sind laut Gesetz nicht vorgesehen. Allerdings können Sie natürlich trotzdem versuchen, individuelle Lösungen zu finden, wenn Sie zwischendurch merken, dass Sie doch etwas anderes brauchen.
Eine Pflegezeit darf Ihnen bei einer Betriebsgröße von mehr als 16 Mitarbeitenden nicht verwehrt werden, solange keine außergewöhnlichen Gründe dagegensprechen. Für die Planung Ihrer Kolleginnen und Kollegen und für den späteren Wiedereinstieg ist es aber natürlich gut, wenn Sie sich miteinander klug absprechen, welche Art von Abwesenheit für alle Beteiligten gut machbar ist.
Prinzipiell können Sie bei der genannten Betriebsgröße Ihr Anrecht auf Pflegezeit auch gegen den Willen von Vorgesetzten durchdrücken. Ab Antragstellung sind Sie bis zum Ende der Pflegezeit vor einer Kündigung geschützt. Für die Zeit danach bietet der Gesetzgeber allerdings keinen gesonderten Schutz mehr.
Gut zu wissen: Sollte Ihr Angehöriger sterben, bevor die angekündigte Pflegezeit vorbei ist, endet diese vorzeitig. Sie müssen dann zeitnah wieder wie vorher arbeiten gehen, wenn es keine speziellen Regelungen für Todesfälle in Ihrem Job gibt.
Antrag stellen: Pflegezeit
Die Pflegezeit müssen Sie mindestens 10 Tage im Voraus ankündigen. Das ist genau die Zeit der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung. Wenn Sie zusammen oder unabhängig von der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung direkt einen Antrag auf Pflegezeit stellen wollen, können Sie das hier in der App tun. Die Möglichkeit dazu finden Sie am Ende des Artikels.
Während der Pflegezeit bekommen Sie nur die Arbeitszeit bezahlt, die Sie auch leisten. Wenn Sie nicht auf eine Teilzeitstelle reduzieren, sondern eine vollständige Auszeit in Anspruch nehmen, erhalten Sie in dieser Zeit gar kein Gehalt und sind auch nicht kranken- oder pflegeversichert. (Details dazu lesen Sie weiter unten im Absatz „Sozialversicherung“.)
Zinsloses Darlehen
Um den finanziellen Verlust abzupuffern, können Sie ein zinsloses Darlehen vom Staat in Anspruch nehmen. Sie bekommen es während der Pflegezeit in monatlichen Raten ausbezahlt und müssen es danach in gleichhohen Raten wieder zurückzahlen. Wenn Sie also sechs Monate lang Pflegezeit nehmen, zahlen Sie das Darlehen danach in sechs Monatsraten zurück und sind anschließend wieder schuldenfrei. In bestimmten Fällen ist es auch möglich, die Rückzahlung zu strecken oder nur einen Teil zurückzuzahlen. Das Darlehen soll etwa die Hälfte des ausgefallenen Nettogehalts abdecken.
Um das Darlehen zu erhalten, müssen Sie einen Antrag beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) stellen. Ein Musterformular finden Sie hier (Link auf Formulare zum Download oder eigenes Musterformular). Zusätzlich zum Antrag müssen Sie noch folgendes einreichen:
- Pflegezeit-Vereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber
- Nachweis über den Pflegegrad Ihres Angehörigen
- Entgeltbescheinigung der vergangenen zwölf Monate
Familienpflegezeit
Anstatt oder zusätzlich zur Pflegezeit können Sie auch die Familienpflegezeit in Anspruch nehmen. Sie unterscheidet sich in zwei wesentlichen Punkten von der normalen Pflegezeit. Sie ermöglicht ausschließlich eine Reduzierung der Arbeitszeit, keine komplette Auszeit. Das ist dafür aber deutlich länger, nämlich bis zu 24 Monate lang, möglich.
Eckdaten: Familienpflegezeit
- Dauer: maximal 24 Monate
- Art: Teilzeit, mindestens 15 Wochenstunden im Durchschnitt
- Ankündigung: 8 Wochen vorher; wenn sie auf Pflegezeit folgt: 3 Monate vorher
- Gesetzliches Anrecht: Arbeitnehmer in Firmen mit mindestens 26 Angestellten
- Zweck: Pflegerische (Mit)Versorgung zuhause
- Finanzielles: Gehalt für geleistete Arbeitszeit; zinsloses Darlehen möglich
- Besonderheit: Oft erhalten Sie mehr Gehalt als Sie erwerbstätig sind und arbeiten das später wieder raus.
Details: Familienpflegezeit
Mit der Familienpflegezeit können Sie bis zu zwei Jahre lang im Job kürzertreten und in dieser Zeit die nötige Pflege und Unterstützung in der Familie leisten. Wichtig zu wissen ist, dass Sie zwar bis zu 24 Monate lang in Familienpflegezeit gehen können. Aber dies ist gleichzeitig auch die maximal mögliche Spanne an Pflegezeiten. Wenn Sie also vorher bereits die kurzzeitige Arbeitsverhinderung und eine vollständige Auszeit von mehreren Monaten mit der Pflegezeit in Anspruch genommen haben, dann müssen Sie diese Zeit von den 24 Maximalmonaten abziehen.
Gut zu wissen: Falls Sie später die Möglichkeit einer Freistellung für die Pflegezeit am Lebensende in Anspruch nehmen wollen, muss dafür noch etwas von der Maximalpflegezeit übrig sein.
Die Familienpflegezeit müssen Sie mit dem meisten Vorlauf ankündigen, weil sie ja auch eine langfristige Abwesenheit für den Betrieb bedeutet. Die Frist beträgt acht Wochen. Wenn Sie vorher schon eine normale Pflegezeit genutzt haben, verlängert sie sich auf drei Monate. Einen Anspruch auf die Familienpflegezeit haben Sie in Unternehmen mit mindestens 26 Mitarbeitenden.
Während der Familienpflegezeit müssen Sie in einem Umfang von mindestens 15 Wochenstunden im Durchschnitt erwerbstätig sind. Der Gesetzgeber spricht hier bewusst von einer Durchschnittszeit, damit die Arbeit an die jeweiligen Umstände oder auch zum Beispiel an Schichtdienste angepasst werden kann. Diese Zeit gilt übrigens unabhängig davon, ob Sie vorher bereits in Teilzeit oder in Vollzeit gearbeitet haben.
Da sich die Familienpflegezeit über zwei Jahre erstrecken kann, gibt es üblicherweise eine besondere Gehaltsregelung: Sie erhalten auch für die Hälfte der reduzierten Stunden weiterhin ihren Lohn und arbeiten das nach der Familienpflegezeit wieder raus. So sind die finanziellen Einbußen für Sie nicht so drastisch.
Gut zu wissen: Der Arbeitgeber muss diesen Vorschuss nicht selbst finanzieren. Das übernimmt der Staat.
Beispielrechnung
Konkret kann das so aussehen:
Sie haben bisher 40 Wochenstunden gearbeitet.
Sie reduzieren auf 20 Wochenstunden für ein Jahr Familienpflegezeit.
Sie erhalten für 30 Wochenstunden in dieser Zeit Ihr Gehalt.
Anschließend erhöhen Sie Ihre Arbeitszeit wieder auf 40 Wochenstunden.
Sie erhalten für ein Jahr weiterhin ein Gehalt für 30 Wochenstunden.
Danach haben Sie den Vorschuss wieder rausgearbeitet.
Zusätzlich ist wie bei der Pflegezeit ein zinsloses Darlehen vom BAFzA möglich.
Gut zu wissen: Als die Pflegezeiten neu eingeführt wurden, mussten Pflegende meist eine Familienpflegezeitversicherung abschließen und bezahlen. Diese sicherte den Arbeitgeber ab, falls die Pflegenden nach der Familienpflegezeit nicht mehr in ihren alten Job zurückkehrten. Eine solche Absicherung ist aber nicht mehr üblich.
Pflegezeit am Lebensende
Auch wenn es uns sehr traurig macht, so folgt doch in der Regel auf eine Zeit der Pflege irgendwann das Lebensende. Um nicht just in dieser Zeit besonders viel arbeiten gehen zu müssen, hat der Gesetzgeber als vierte Variante noch die Pflegezeit am Lebensende ersonnen, manchmal auch Pflegezeit als Sterbebegleitung genannt. Sie ist die einzige Pflegezeit, die nicht direkt im Anschluss an eine andere genommen werden muss. Sondern Sie können sich bis zu drei Monate Pflegezeit aufheben, um diese dann, wenn es soweit ist, in den letzten Lebenswochen Ihres Angehörigen zu beanspruchen.
Eckdaten: Pflegezeit am Lebensende
- Dauer: maximal 3 Monate
- Art: Teilzeit oder Auszeit
- Ankündigung: 10 Tage vorher
- Gesetzliches Anrecht: Arbeitnehmer in Firmen mit mindestens 16 Angestellten
- Zweck: Gemeinsame Zeit
- Finanzielles: Gehalt für geleistete Arbeitszeit; zinsloses Darlehen möglich
- Besonderheit: Sie müssen keine Pflege leisten und es ist auch egal, wo Ihr Angehöriger lebt. Der Fokus darf ganz auf der gemeinsamen Zeit liegen.
Details: Pflegezeit am Lebensende
Viele Menschen empfinden es als sehr schön und wertvoll, in den letzten Lebenswochen noch einmal bewusst viel Zeit für einen Sterbenden zu haben. Sei es, um noch letzte Wünsche zu erfüllen (Noch einmal ans Meer! Noch einmal zum Lieblingsitaliener! Noch einmal ins Konzert!) oder um einfach nur da zu sein, damit der Angehörige nicht allein im Hospiz liegt. Genau dafür ist die Pflegezeit am Lebensende gedacht. Hier geht es nicht um die eigentliche Pflege, sondern um gemeinsame Zeit. Daher ist es im Gegensatz zu allen anderen Pflegezeiten auch egal, ob die angehörige Person ambulant pflegerisch versorgt wird oder in einem Heim, einem Hospiz, einem Krankenhaus oder anderswo ihre letzten Tage und Wochen verbringt. Sie braucht auch keinen Pflegegrad. Entscheidend ist einzig und allein der Umstand, dass sie aller Voraussicht nach nicht mehr lange leben wird.
Sie haben in dieser Zeit die Wahl, ob Sie auf eine Teilzeitstelle reduzieren oder eine Auszeit nehmen wollen. Die Regelungen zu Finanzen und Versicherungen sind die gleichen wie bei der normalen Pflegezeit. Sie bekommen also weiterhin Gehalt für die geleistete Erwerbsarbeit und müssen sich gegebenenfalls um Ihren Versicherungsschutz kümmern. Es gelten folgende Details.
Sozialversicherung
Sofern Sie während der Pflegezeiten weiterhin mehr als die Minijob-Grenze von 556 Euro im Monat (Stand: 2025) verdienen, brauchen Sie in der Regel nichts weiter zu organisieren. Sie bleiben über Ihren Arbeitgeber versichert in der bisherigen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung und zahlen nur weniger Beiträge, weil diese ja von Ihrem Gehalt abhängen.
Gut zu wissen: Wenn Sie bisher privat versichert sind, rutschen Sie womöglich durch die Pflegezeit unter die Beitragsbemessungsgrenze. Sie können sich dann von der Versicherungspflicht befreien lassen, um privat versichert zu bleiben – auch wenn Sie vorübergehend weniger oder gar nichts verdienen. Das muss innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht passieren.
Tipp: Die Pflegezeit ist unter bestimmten Bedingungen eine der wenigen Möglichkeiten, von einer privaten in die gesetzliche Versicherung zurückzuwechseln. Falls Sie diese Option haben, lassen Sie sich am besten beraten, ob Sie diese Chance nutzen wollen. Mit höherem Alter ist eine gesetzliche Absicherung, eventuell ergänzt um private Zusatzversicherungen, immer deutlich günstiger als eine reine Privatversicherung.
Wenn Sie allerdings bisher gesetzlich versichert waren und nun eine vollständige Auszeit nehmen, dann müssen Sie sich Gedanken um Ihre Sozialversicherung machen. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Die Familienversicherung und die eigenständige Absicherung.
Familienversicherung
Wenn Sie einen gesetzlich versicherten Ehepartner (oder eine Ehepartnerin, das Geschlecht ist egal,) haben, können Sie sich für die Pflegezeit familienversichern lassen. Das ist in der Regel unkompliziert mit einem Online-Formular von der entsprechenden Krankenkasse möglich. Für die Pflegezeit sind Sie dann kostenlos in der Kranken- und Pflegekasse Ihres Partners oder Ihrer Partnerin mitversichert.
Gut zu wissen: Falls Sie bisher verschiedene Krankenkassen hatten, dann können Sie Ihre Kasse und eventuell angesammelte Prämienpunkte leider nicht behalten, sondern müssen wechseln. Nehmen Sie später Ihre Berufstätigkeit wieder auf, dann zahlen Sie wieder automatisch über den Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge und können auch wieder frei eine Krankenversicherung mit angeschlossener Pflegeversicherung wählen.
Eigenständige Absicherung
Wenn Sie nicht verheiratet sind, wenn Ihr Partner privat versichert ist oder wenn Sie schlicht Ihre Krankenversicherung behalten möchten, dann müssen Sie sich rechtzeitig um eine eigenständige Absicherung kümmern. Das ist verpflichtend für die Kranken- und Pflegeversicherung. Ob Sie in die Renten- und Arbeitslosenversicherung einzahlen müssen oder dürfen, hängt vom Gehalt ab. Lassen Sie sich am besten hierzu beraten, etwa beim Pflegezeit-Telefon des Bundes unter 030 / 2017 91 31.
Gut zu wissen: Die Pflegeversicherung Ihres Angehörigen beteiligt sich unter bestimmten Voraussetzungen an den Kosten für Sozialbeiträge. Dafür ist ein separater Antrag notwendig.
Wenn Sie sich eigenständig versichern, müssen Sie den Mindestbeitrag bezahlen, auch wenn Sie kein Einkommen haben. Dieser beträgt im Jahr 2025 etwas mehr als 200 Euro – je nach Zusatzbeitrag der Krankenkasse. Hinzu kommt der Beitrag für die Pflegekasse von um die 50 Euro – je nach Familienstand. Kinderlose zahlen mehr, Eltern erhalten pro Kind einen Rabatt.
Gut zu wissen: Unter bestimmten Umständen können Sie sich als pflegende Angehörige kostenlos in der gesetzlichen Unfallkasse versichern lassen und zusätzliche Rentenpunkte für die Zeit der Pflege sammeln. Wie das geht, lesen Sie im Artikel „Kann ich Rentenpunkte sammeln, wenn ich jemanden pflege?“.
Und was ist mit kleinen Firmen?
Alle genannten Regelungen sind die, auf die Sie einen gesetzlichen Anspruch haben. Sie können diesen Anspruch also im Zweifelsfall auch gegen den Willen von Vorgesetzten durchsetzen.
Aber das heißt natürlich nicht, dass Angestellte in kleineren Firmen keine Chance auf Pflegezeiten haben. Hier müssen Sie allerdings individuell aushandeln, ob und wie sich eine Pflegezeit für Sie gestalten lässt. Meist ist es sinnvoll, sich an den gesetzlichen Vorhaben für größere Unternehmen zu orientieren und dann einen eigenen Vertrag aufzusetzen.
Gut zu wissen: Insbesondere, wenn der Tod naht, sind viele Vorgesetzte und kleinere Firmen bereit, ihren Beschäftigten entgegenzukommen, wenn diese noch etwas Zeit mit ihren Angehörigen verbringen wollen. Fragen Sie hier ruhig nach, ob Sie eine individuelle Lösung finden können – auch wenn Sie zum Beispiel Bedenken haben, dass die zehn Tage Ankündigungsfrist zu lang sind und Sie keine Urlaubstage mehr übrig haben, um diese auszugleichen. Oft findet sich ein Kompromiss.
Regelungen für Beamte & Co
Für Verbeamtete, Richterinnen, Soldaten und ähnliche Staatsbedienstete gelten wie immer eigene Regeln. Theoretisch sollten sie bei der Pflege von Angehörigen in allen Punkten den Angestellten gleichgestellt sein und beispielsweise auch das zinslose Darlehen des BAFzA nutzen können. Das ist de facto aber nicht in allen Bundesländern der Fall. Wenn Sie zu dieser Berufsgruppe gehören, lassen Sie sich daher am besten individuell beraten.
Von Marina Engler
.
